Fotoausstellung in Niederrad Frankfurter Rundschau 09.02.2010
Der Wandel der Schwarzwaldstraße
Frankfurt
Fotoausstellung in Niederrad
Der Wandel der Schwarzwaldstraße
Von Jan Szyszka
Vor Hausnummer 53 verharrt Karl-Heinz Münch. Ein Grinsen huscht über sein Gesicht. Der Anblick des eher unscheinbaren Wohnhauses an der Schwarzwaldstraße in Niederrad löst Erinnerungen aus. "Früher war da Leder Friedrich. Bei ihm hab ich mir meine ersten Fußballschuhe gekauft. Die haben ewig gehalten", sagt Münch. Der 72-Jährige lacht auf. Beim Spaziergang auf der Schwarzwaldstraße passiert das nicht oft.
Meist wirkt Münch angesichts der Veränderungen wehmütig. Die alte Niederräder Einkaufstraße, die sich vom Mahre Eck bis zur Rennbahn und zum Oberforsthaus zieht, kennt er in- und auswendig. In einer Seitenstraße ist er aufgewachsen. In dem Haus, das sein Großvater 1907 in der Güntherstraße gebaut hat, wohnt er noch heute.
Seine Verbundenheit zur Schwarzwaldstraße bekommt nun eine neue Dimension. Letztere steht vom Dienstag, 9. Februar, im Fokus einer Ausstellung des Niederräder Bezirksvereins. Als stellvertretender Vorsitzender des Bezirksvereins hat Münch diese mit dem Vorsitzenden Werner Hardt vorbereitet.
130 Bilder haben beide aus dem gut sortierten Fundus des Vereins zusammengetragen. Der Schwerpunkt liegt beim Vergleich: Alte Fotos bis hin zur Zeit um 1900 sollen aktuellen Aufnahmen gegenüberstehen - um den Wandel auf der Schwarzwaldstraße herauszuarbeiten. Bis zur Eingemeindung Niederrads am 1. Juli 1900 hieß sie noch Forsthausstraße und zählt zu den drei ältesten Straßen des Stadtteils.
Viele dieser Veränderungen hat Münch hautnah miterlebt - und nicht alle haben ihm gefallen. Das Verschwinden der vielen "schönen, alten Häuser", die oft durch Zweckbauten ersetzt wurden, tun er und Hardt mit einem Schulterzucken ab. Viele mussten abgerissen werden infolge von Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg. "Die Schwarzwaldstraße lag direkt im Bombentrichter, wenn die Flugzeuge von Schwanheim aus Richtung Rennbahn flogen, um dort die Flakstellung anzugreifen", erzählt Hardt. Münch kann sich noch erinnern. "Die Wände haben gezittert", sagt er.
Enttäuschung macht sich aber bei beiden breit, wenn es um die Vielfalt der Geschäfte geht. "Früher gab es deutlich mehr", sagt Münch. Den subjektiven Eindruck kann er beweisen. Münch hat anhand alter Adressbücher Listen mit Geschäften auf der Schwarzwaldstraße erstellt.
Im Jahr 1924 füllen Uhrmacher, Kranzbinder oder Tabakwaren-Läden noch locker eine ganze Din-A4-Seite seiner Liste. Namen wie Witwe Hassan (Lebensmittel, Nr. 35) oder Schreibwaren Bernhardt (Nr. 37), die bei Münch direkt Erlebnisse aus der Kindheit hervorbringen, sind 50 Jahre später verschwunden: Die Hälfte des Blattes bleibt bei der Liste von 1973 leer. Fast immer haben Wohnhäuser die Geschäfte wie Leder Friedrich oder auch das Kino Europa, einst eines von fünf Kinos in Niederrad, ersetzt.
Kein Verständnis für Thai-Massage-Salon
Münch wirkt nachdenklich, wenn er über die Entwicklung sinniert. Vieles kann er aber nachvollziehen. So verweist er auf die Verkehrsanbindung. "Früher brauchte man auch mehr vor Ort. Da ist ja keiner in die Stadt gefahren. Das war ja schon fast eine halbe Weltreise."
Vorbei ist es mit dem Verständnis, wenn er an Hausnummer 27 vorbeikommt. Ein Thai-Massage-Salon hat dort die Nachfolge von Radio Dürrstein angetreten. Münch zeigt beim Vorbeigehen kurz mit der Hand drauf. Dann schüttelt er den Kopf und geht weiter.
Die Ausstellung über die Schwarzwaldstraße öffnet am Dienstag, 9. Februar, 14 Uhr im Heimatmuseum des Bezirksvereins Niederrad, Schwanheimer Straße 17. Das Museum öffnet dienstags von 14 bis 17 Uhr, sowie jeden zweiten Sonntag im Monat zur gleichen Zeit.